Das hier vorliegende «Mandala» oder «Tüchli», wie es in der Schweiz genannt wird, stammt aus dem 15. Jahrhundert und geht zurück auf Gedanken des Schweizer Friedensheiligen Niklaus von Flüe.
Die Anordnung der Bilder und die ausgewählten Szenen orientieren sich am ‘Vater Unser’. Die dem Bild zugrundeliegende Struktur ist ein Rad mit sechs Speichen. Es stellt den Lauf der Zeit dar, d.h. die Geschichte der Welt und des Menschen. Gott ist sowohl im Mittelpunkt des Rades abgebildet als ‘unbewegter Beweger’ als auch in den einzelnen Szenen selbst. Durch sein Eingreifen in die Geschichte wird sie zur Heilsgeschichte. Dabei ist der Mensch nicht nur «Objekt» der Heilsgeschichte, sondern auch aktives «Subjekt». Durch die Werke der Barmherzigkeit, dargestellt durch die verschiedenen Symbole in den einzelnen Szenen, wirkt der Mensch heilend in der Geschichte.
Nach den unheilvollen Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges wurden vor genau 70 Jahren von den «Vereinten Nationen» die ‘Allgemeine Erklärung der Menschenrechte’ verfasst, in der Hoffnung, die Menschheit zukünftig vor solchem Leid zu bewahren.
Barmherzigkeit und Recht bedingen einander. Ohne die Anerkennung der Rechte der Menschen kann Barmherzigkeit zur Demütigung anderer führen. Ohne Barmherzigkeit können Rechte lieblos werden. Beide, Recht und Barmherzigkeit, gründen in der Überzeugung der unbedingten und unveräußerlichen Würde eines jeden Menschen. Wo die Achtung der Menschenrechte und die Werke der Barmherzigkeit Hand in Hand wirken, wird Geschichte zur Heilsgeschichte.
Diese vorliegende Betrachtung nimmt neben den dargestellten Szenen Schwestern und Brüder der Franziskanischen Familie aus unserer Zeit in den Blick, die sich neben ihrer barmherzigen Zuwendung zu den Menschen mit Franciscans International für die Achtung der Menschenrechte engagieren.
Vereinen wir uns mit ihnen im Gebet, damit Gottes Reich komme und sein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.